Auf der Suche nach Investment? – Die Relevanz der 4Cs aus Sicht von Investor:innen

4C Investors' perspective

Verfasst von Lea Renz

Medical Life Sciences und Marketing Enthusiastin mit M.A. in Medienwissenschaft

Sep 26, 2023

Fragen rund um die 4Cs und deren Zusammenhänge spielen bei der Entwicklung eines plausiblen Geschäftsmodells in der Gesundheitsbranche eine zentrale Rolle. Naheliegend also, dass vernetztes 4C-Knowhow auch beim Fundraising einen entscheidenden Vorteil bietet. Wir haben mit Christian Kraft, Director M&A und External Innovation der Aesculap AG, und Dr. Katharina Severin, Investment Managerin beim High-Tech Gründerfond (HTGF), gesprochen und gefragt, was sie mit Blick auf die 4Cs bei Investment-Entscheidungen berücksichtigen.

Auf die Phase kommt es an

Je nach Phase, in der sich ein Startup befindet, achten Investor:innen auf unterschiedliche Aspekte, so Christian. In der Ideation Phase steht der Problem-Solution-Fit im Mittelpunkt. Für die 4Cs bedeutet das insbesondere Fragen im C1-Bereich zu klären. Wer sind später die Kund:innen –  Patient:innen oder doch Ärtz:innen? Löse ich tatsächlich ein Problem dieser Zielgruppe? Und wie erhalte ich Zugang zu ihr? Auch Katharina pflichtet bei, dass Startups in der sehr frühen Phase den Fokus zunächst auf die Kommerzialisierungsstrategie legen sollten: „Selbst ein starker Patentschutz nützt wenig, wenn das medizinische Personal das Produkt nicht annimmt oder die Patient:innen Vorbehalte haben.“

C1 | Commercialization
C2 | Certification
C3 | Clinical Studies
C4 | Copyright

In der Incubation Phase sollten Teams dann in der Lage sein, einen Product-Market-Fit aufzuzeigen, führt Christian weiter aus. Neben einer konkreten Marktzugangsstrategie gehört im MedTech-Bereich dazu auch ein grundlegendes Verständnis für C2- und C3-Themen. Wissen rund um regulatorische Hürden des Zertifizierungsprozesses und der klinischen Bewertung sowie ein Plan, wie diese gemeistert werden sollen, sind an dieser Stelle ausschlaggebend. Zudem möchten Investor:innen sehen, dass Teams ihre internen Fähigkeiten hierzu hinterfragen. Sie müssen sich im Klaren darüber sind, ob sie weitere Kompetenzen, z.B. im Bereich Regulatory Affairs oder Quality Management, benötigen und wenn ja, ob sie diese selbst aufbauen oder externe hinzuziehen wollen.

Wenn es in Richtung Product-Launch und Scale-up Phase geht, müssen Herstellungs- und Vertriebsprozesse aufgezeigt werden können. Ebenso wichtig ist es laut Christian, dass die Teams an diesem Punkt bereits einen Schritt weiterdenken: Wie kann die Lösung weiterentwickelt werden? Braucht es hierzu ggf. neue Schutzrechte? Und wie können angrenzende oder neue Märkte erobert werden? Aspekte aller 4Cs kommen nun zusammen.

Zusammengefasst heißt das, je nach Phase erwarten Investor:innen wie Katharina und Christian ein unterschiedlich weit ausgearbeitetes Geschäftsmodell: Von einem Beleg darüber, dass man sich einem Problem widmet, das es wert ist gelöst zu werden, über einen Nachweis, dass man dieses Problem auch tatsächlich lösen wird, bis hin zu einem Beleg dafür, dass jemand – ob Patient:innen selbst, Krankenkassen, Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser – bereit ist, für die Lösung zu bezahlen.

Wie Erfolgschancen beweisen ohne Revenue?

Während in anderen Branchen auch junge Unternehmen schnell erste Umsätze vorweisen können, dauert das in der Gesundheitsbranche unter Umständen mehrere Jahre. Dennoch möchten Investor:innen Belege für die Erfolgschancen eines Startups sehen bevor sie investieren. Aber wie, wenn noch keine Umsätze da sind? Die Erfahrungen der MII-Startup-Coaches zeigen: Jeder erreichte Meilenstein ist ein Erfolgsbeleg und kann für den Vertrauensaufbau potenzieller Investor:innen in das Team und dessen Fähigkeiten wichtig sein. Dazu können auch „kleine“ Schritte zählen, wie z.B.

 

  • die Genehmigung einer klinischen Studie durch das BfArM und ein positives Votum durch die Ethikkommission
  • der Erhalt öffentlicher Förderung, durch Programme wie Startup BW Pre-Seed oder invest BW
  • eine erfolgreiche Patentanmeldung oder
  • ein bestandenes QMS-Audit nach ISO 13485.

Dass die „großen Meilensteine“ nicht so schnell zu erreichen sind, ist auch den Investor:innen in der MedTech-Branche bewusst. So haben Startups bei einem Erstinvestment durch den Seed-Investor HTGF in der Regel noch keine klinischen Studien durchgeführt oder gar das CE-Kennzeichen für ihr Medizinprodukt erlangt, erklärt Katharina. Sie berücksichtigen daher bei ihren Investmententscheidungen neben der klinischen Relevanz des zu lösenden Problems und dem Poof-of-Concept andere, relevante Aspekte, um den Erfolg eines Startups abschätzen zu können:

Belastbare Roadmap

Startups müssen vor allem einen realistischen Blick auf die Anforderungen haben, denen sie sich stellen müssen, um die Firmen- und Produkt-Zertifizierung (C2) zu erhalten sowie den Nachweis der klinischen Wirksamkeit (C3) erbringen zu können. Auch das Pricing, die Margen, die erzielbaren Umsätze sowie die Größe der adressierbaren Märkte sollten bekannt sein (C1).

KOL Netzwerk

Anerkannte Key Opinion Leader (KOL) sind ein entscheidender Erfolgsfaktor für MedTech-Startups und die entsprechenden Kontakte sollten so früh wie möglich geknüpft werden. Sie geben Feedback zur Usability eines Produktes (C2) und zu seinen Einsatzmöglichkeiten (C2 und C1). Bei klinischen Studien (C3) beteiligen sie sich als Studienärzt:innen und werden ihre Erfahrungen mit ihren Kolleg:innen teilen. Ab dem Launch sind sie wichtige Fürsprecher:innen des Produkts und tragen zur Bekanntheit entscheidend bei (C1). In allen Unternehmensphasen ist der Input sowie die Weiterempfehlung des Produktes durch starke KOLs ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Unternehmen.

Plan der klinischen Studien

Die Art der notwendigen klinischen Studie (C3 für C1 und/oder C2) mit der Anzahl an Patient:innen, den klinischen Endpunkten und der Dauer erlauben eine Abschätzung des Investmentbedarfs und sind daher letztlich auch Parameter, anhand derer Wagniskapitalgeber:innen kalkulieren können, mit welchem Finanzbedarf zu rechnen ist und ob es sich im Fall einer positiven Entwicklung um ein finanziell attraktives Investment handelt.

IP-Strategie

Der IP-Schutz (C4) wird im Rahmen der Due Diligence kritisch geprüft. Da es aufgrund der Zertifizierung (C2) und der ggf. notwendigen klinischen Studie (C3) für ein Reimbursement zu hohen initialen Kosten kommt, ist es wichtig einen langfristigen USP über einen starken IP-Schutz zu gewährleisten. Auch ein späterer Verkauf an größere Medizinproduktehersteller wird nur gelingen, wenn ein guter Patentschutz mit attraktiver verbleibender Patentlaufzeit vorliegt. Ohne eine überzeugende Patentstrategie hat es ein MedTech-Startup daher schwer, überhaupt Wagniskapital einwerben zu können.

Vernetztes 4C-Verständnis als Mittel zum Investment

Wie Christians und Katharinas Einblicke deutlich machen: Die Berücksichtigung der 4Cs und vor allem ein vernetztes Verständnis der darin verborgenen Herausforderungen und Möglichkeiten sind ausschlaggebend für den Erfolg von MedTech-Startups. Erfahrene Investor:innen werden darauf also ein besonderes Augenmerk richten und erwarten, dass Gründer:innen klare Antworten auf 4C-bezogene Fragen haben. Die Entwicklung eines regulatorisch plausiblen und unternehmerisch erfolgversprechenden Geschäftsmodells inklusive einer realistischen Roadmap, ist demnach Grundvoraussetzung für erfolgreiche Investmentrunden. Die 4Cs spielen hierbei in unterschiedlicher Weise zusammen. Um ein paar Beispiele zu nennen: Der geplante Marktzugang – von den verschiedenen Erstattungsvarianten bis zum Selbstzahlermarkt – hat Einfluss auf zu erbringende klinische und/oder gesundheitsökonomische Nachweise. Die Risikoklasse nach MDR bzw. IVDR eines Produkts bedingt den Umfang regulatorischer Aufwände und damit auch die Zeit und das nötige Kapital bis zum Markteintritt. Die Zeit bis zum Markteintritt sollte wiederum in der IP-Strategie berücksichtigt werden.

Für Katharina steht daher fest: „Ohne ein klares Verständnis von den 4Cs, wird ein Medizintechnik-Startup aller Voraussicht nach kein Wagniskapital einwerben können.“ Und auch Christian betont, dass eine frühzeitige Fokussierung auf die 4Cs dabei hilft, langwierige und kostenintensive Iterationsschliefen zu vermeiden und so die Lösung schneller vermarktet werden kann.

Um Startups „ready“ für Investor:innen wie Katharine und Christian zu machen, haben wir beim MII das vernetzte Verständnis der 4Cs zum Ausgangspunkt all unserer Angebote gemacht. Gemeinsam mit euch entwickeln wir ein ganzheitliches Geschäftsmodell, das für die Gesundheitsindustrie funktioniert – regulatorisch plausibel und unternehmerisch erfolgsversprechend!

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